Elsbeth Arlt
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LeseprobeGuten Morgen lieber Theodor |
Uwe Haupenthal | »Guten Morgen lieber Theodor«Installation von 32 Textsegmenten aus dem Briefwechsel
Elsbeth Arlt greift in ihrer Installation Guten Morgen lieber Theodor Storms Briefwechsel mit Constanze Esmarch auf, indem sie Briefpassagen in Tafeln gravieren lässt. Optische Vereinheitlichung und differenziertes Wiedererkennung wird durch schwarze bzw. weiße Grundierung gewährleistet, was den Storms bzw. denjenigen Constanzes kenntlich macht. Die Tafeln bilden eine dialogische Grundstruktur und werden alternierend in der Husumer Innenstadt an Laternenpfählen angebracht. Während sich die ausgewählten Zitate aus Storms Briefen ausnahmslos auf das Thema des Windes beziehen (denk an den tiefen stillen Grund, / den kein launiger Wind bewegen kann), bilden diejenigen Constanzes einen weit individueller ausgerichteten Part (Guten Abend, Herzens Theodor, / süßen Abend ich küsse / Dich zärtlich,- Wie geht es Dir). Auf diese Weise ergibt sich in verfremdeter Umgebung eine leicht zu identifizierende serielle Textreihung, die in ihren Inhalten wie durch optische Normierung eine medial abgeschlossene Einheit bildet. Wirken die ausgewählten Textfragmente in ihren Themen wie in ihrer altertümlich-poetischen Sprache zunächst wie anrührende Fremdkörper, so geht von ihnen auch ein poetischer Reiz aus. Dieser beschränkt sich jedoch keineswegs auf eine Ebene, sondern greift in verschiedene Richtungen aus. Will heißen: Elsbeth Arlts konzeptioneller Ansatz macht die Substanz des Briefwechsels zwischen Storm und seiner Braut zum eigentlichen Gegenstand ihrer Arbeit. Vor allem Constanze besteht selbstbewusst und gänzlich unaufgesetzt auf menschlicher Nähe und Intimität: Endlich, endlich, komm ich / zu Dir mein Theodor. Der Leser dieser Zeilen indes gerät unausweichlich in die Rolle des Voyeurs, zumal Elsbeth Arlt sich nicht in inhaltlichen Konstellationen verliert und sich statt dessen in geradezu puristisch anmutender Strenge auf Kernaussagen beschränkt. Auf diese Weise wahren die ausgewählten Sätze ihre intendierte Nähe. Constanze bleibt als lebendig-liebende Person gegenwärtig. Es ist dies im Übrigen eine entscheidende Voraussetzung für das rezeptive Verständnis der Position ihres Bräutigams Theodor Storm. Dessen Part erscheint weit strenger, da ausschließlich Briefpassagen und Gedichtzeilen zum Thema Wind und Wetter zitiert werden. Noch immer beeindruckt Storm durch seine Sprachmächtigkeit, einerlei, ob es sich um eine offenbar schnell hingeworfene Bemerkung handelt (Nacht Dange, in Gedanken, die sind / doch schneller als der Wind, und / viel wärmer und treuer) oder aber um die Gedichtzeilen Nur in den Schlünden schwatzte / Der Wind durch die Grabesruh, / Und droben in der wilden Nacht / Alleinzig ich und du.
aus: »HusumwindArt«, Hrsg. Verlag der Kunst Dresden Inwert Paulsen jr., Husum 2007 |